So., 10. November 2024, 17:00 Uhr

Youkalí:

Seiltänzerin ohne Netz

Ein musikalisches Chanson- Varieté

Julia Böhme- Gesang, Performance

Tatjana Davis- Klarinette, Percussion, Klavier, Gesang, Perforormance

Laura Härtel- Cello, Percussion, Gesang, Performance

Elena Schoyet- Klavier, Gesang, Performance

Regie: Nicola Bremer     Komposition: Tatjana Davis     Lyrik: Mascha Kaléko

Das Ensemble „Youkalí“ präsentiert ein einzigartiges musikalisches Chanson- Varieté, das die goldenen 20er Jahre des vergangenen Jahrhunderts wieder aufleben lässt und gleichzeitig eine moderne Note hinzufügt. Ihr Programm „Seiltänzerin ohne Netz“ entführt das Publikum in den maroden Charme der 20er Jahre und baut gleichzeitig eine Brücke zur Gegenwart.

Ein musikalischer Hauch von Max Raabe in Mascha Kalékos Texten

 

Mit ihrer Musik hauchen sie den tiefgründigen und humorvollen Gedichten von Mascha Kaléko musikalisches Leben ein. Youkalí lädt mit verschmelzenden Frauenstimmen, virtuosem Instrumentalspiel und einer beeindruckenden Papierkunst-Performance zum Lachen, Weinen und Nachdenken ein. Die musikalische Atmosphäre erinnert an eine Mischung aus Max Raabe und den Comedian Harmonists, jedoch mit einem zeitgenössischen, weiblichen Touch.

Das Publikum mischt mit und bestimmt die Setlist

 

Das Publikum wird aktiv in die Darbietung einbezogen, indem es die Setlist des Abends durch das Ziehen von Gedichten bestimmt. Dadurch entstehen einzigartige Konzerterlebnisse, bei denen auch die Künstlerinnen auf der Bühne von den Entscheidungen des Publikums überrascht werden.

Youkalí hinterlässt eine Prise Hoffung

 

Das Ensemble trägt den Namen „Youkalí,“ was in Anlehnung an Kurt Weill als „Land der Sehnsüchte“ interpretiert wird. Dieses Land der Sehnsüchte, in dem Träume wahr werden können, ist die Prise Hoffnung, die Youkalí ihrem Publikum vermitteln möchte. In einer Welt, die von Herausforderungen geprägt ist, versuchen sie, Momente des Zusammenhalts und der Verbindung zu schaffen.

„Youkalí“ erzählt Geschichten, die von Liebe, Beziehungen, Einsamkeit, Verlust und Krieg handeln. Während das Publikum im Saal zusammenwächst und die alltäglichen Probleme in den Hintergrund treten, wird auch die Wichtigkeit des Zusammenhalts in einer globalen Perspektive deutlich. Youkalí möchte Brücken zwischen den Menschen bauen, unabhängig von Religion, Hautfarbe, sexueller Orientierung oder Geschlecht.

Ensemble-Vita Youkalí

Während des Musikstudiums in Dresden lernten wir, Elena Schoychet, Laura Härtel und Tatjana Davis, uns 2008 kennen. Durch Musizieren und Konzertieren war bald beschlossen, dass wir gemeinsam an unseren künstlerischen Visionen arbeiten möchten. Nach dem Studium suchten wir uns eine Sängerin, mit der wir uns gemeinsam von den Fesseln des klassischen Genres lösen wollten, um neue und ganz eigene musikalische Räume zu erobern. So gründeten wir 2015 Youkalí. Seit 2021 ist Julia Böhme unsere Sängerin.

Eine klassisch-konzertante Form des Auftritts – eine Aneinanderreihung von Liedern – war uns nicht mehr vorstellbar. Wir wollten die Bühne experimentell erkunden, mit Bewegung und Performance füllen und neue Pfade zu modernem Musiktheater begehen. Für unser erstes Programm „Seidenstrumpfe auf Asphalt“ tauchten wir in die 20er Jahre des vergangenen Jahrhunderts ein. Wir setzten uns mit dem Frauenbild der damaligen Zeit künstlerisch auseinander. Ausgehend von Irmgard Keuns Roman „Das kunstseidenen Mädchen“ erzählten wir eine Geschichte um die Themen Liebe, Sexualität, Freiheit und Selbstbestimmung. Im Liederschatz dieser Goldenen Ära fanden wir die passende Musik, arrangierten sie neu und erfreuten uns an der Aktualität der Texte. So begab sich das „kunstseidene Mädchen“ in Seidenstrümpfen auf Asphalt auf ihren Weg. Unser erstes Programm war geboren. Alte „Schlager“ bekamen ein neues Antlitz und strahlten im youkalischen Glanz.

Die Goldenen Zwanziger ließen uns nicht los. Wir sahen die Risse im Glanz der damaligen Zeit und das marode Gebilde. Wir wollten neue, auch politische Themen verfolgen und eigene Musik komponieren. Dabei fanden wir eine jüdisch-deutsche Lyrikerin, die uns extrem inspirierte.

Mascha Kaléko (1907-1975) erlebte den ersten Weltkrieg als Kind und musste schon mit sieben Jahren das erste Mal ihre Heimat verlassen. Als junge Frau ein aufgehender Stern, ein Star der Lyrikszene in Berlin, floh sie abermals, nun vor den Nazis nach New York. Sie verlor diesmal auch ihre geistige Heimat und somit ihre Sprache als Lyrikerin. Ihre Gedichte in Musik zu verwandeln, kam wie gerufen und so entstand 2018/2019 unser Programm komplett mit eigenen Kompositionen. Die „Seiltänzerin ohne Netz“ (übrigens ein Gedicht aus Mascha Kalékos Nachlass) führte uns auch zu unserem Debutalbum – Youkalí trifft Mascha Kaléko.

 

In Zusammenarbeit mit dem Regisseur Nicola Bremer entstand die Inszenierung, in der wir eine echte Begegnung mit dem Publikum suchen. Der Abend entsteht jedes Mal aufs Neue, weil wir den Zuhörer:innen überlassen, welche Lieder und in welcher Reihenfolge gespielt werden. Dadurch gibt es eine Unmittelbarkeit, die sowohl fürs Publikum als auch für uns für Überraschungen sorgt. In der

Performance suchen und finden wir die Parallelen vom „Damals“ zum „Heute“.

 

2020/2021 haben wir uns als nächstes mit Leben und Werk der fast vergessenen Schriftstellerin und Schauspielerin Lili Grün (1904-1942) auseinandergesetzt. Sowohl Lili Gruns Texte als auch ihr Leben haben uns berührt. Ihr großer Traum war eine Karriere als Schauspielerin. So thematisierte sie in ihren nicht selten autobiographischen Texten (Romanen, Kurzgeschichten, so wie Gedichten) den Alltag von (alleinstehenden) arbeitenden Frauen, One-Night-Stands, die Liebe und das Leben mit seinen kleinen und großen Wünschen, Schmerzen und Sehnsüchten. Dabei faszinieren Lili Grüns emanzipierte Frauenfiguren, die von der großen Liebe träumen und dennoch ihr Leben selbst in die Hand nehmen. Dies tat auch Mascha Kaléko (1907-1975), deren unendlicher Lyrik-Schatz uns auch in dieses Programm hinein begleitet. Beide Frauen verbindet – wenn auch mit unterschiedlichem Ausgang – das gleiche Schicksal. Während Lili Grün in einer Vernichtungsstätte ermordet wurde, konnte Mascha Kaléko ins Exil fliehen. Wie unzählige Künstler:innen wurden sie als Opfer des Nationalsozialismus zum Schweigen gebracht und ihrer Zukunft und Sprache beraubt. Vor allem im Anblick auf aktuelle politische Entwicklungen ist es uns wichtig, ihr Werk wieder auf die Bühne zu bringen und an sie zu erinnern. Die Regie zu diesem Programm „Halte dich an Wunder – Großstadtlieder in Szene“ führte Wolf-Dieter Gööck. Zur Premiere dieses Programmes im Juli 2021 erschien auch unser zweites Album: Lili Grün und Mascha Kaléko mit Gedichtvertonungen der beiden Lyrikerinnen.

 

Unsere Programme „Seiltänzerin ohne Netz“ und „Halte dich an Wunder – Großstadtlieder in Szene“ führten uns auf Buhnen des Kurt Weill Festivals Dessau, des Rudolstadt Festivals, in die Oper Chemnitz, ins Staatsschauspiel Dresden, Societaetstheater Dresden, Forum Theater Stuttgart, Theater des Friedens Rostock, zu den Interkulturellen Wochen

Flensburg, ins Forum Gestaltung Magdeburg, zum Göttinger Kultursommer im Alten Rathaus, ins Kulturforum Wiesbaden, in die Sprupp´sche Villa nach Meiningen, in verschiedene Synagogen Mainz, Braunschweig, Augsburg, Regensburg , Leipzig , Görlitz und Würzburg, viele andere… und nicht zuletzt in ein Zelt beim Schaubudensommer Dresden.